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Freitag, 3. April 2015

Alles anders, alles neu.

Hallo ihr Lieben,

heute freue ich mich sehr euch einen ganz besonderen Leserbrief zu präsentieren. Diesesmal stammt er nicht von einer mir vollkommen fremden Person, nein, dieses mal stammt er von jemandem der einen ganz besonderen Platz in meinem Leben und meinem Herzen einnimmt. Er stammt von meiner neuen Lebengefährtin mit der ich nun seit einiger zeit mein leben teile.



"Und plötzlich ist alles anders, alles neu

Gerade eben war ich noch Single. Fast sieben Jahre lang war ich allein. Ich war nur auf mich selbst gestellt und lediglich mir selbst gegenüber zur Rechenschaft verpflichtet. Doch plötzlich ist alles anders. Ich habe einen Mann kennengelernt. Dass er zwei Kinder hat, stört mich nicht. Oder doch?

Voller Vorfreude begebe ich mich auf den Weg zu meinem ersten Kennenlernen mit dem Sohn meines neuen Partners. Doch die anfängliche Vorfreude und Neugier weicht Angst, desto näher ich meinem Fahrtziel komme, der Angst, von dem Sohn nicht akzeptiert, als Fremdkörper und als störend wahrgenommen zu werden. Es schießen tausende Fragen wirr durch meinen Kopf. So sind „Was ist, wenn er mich doof findet?“ und „Haben wir als Paar überhaupt eine Zukunft, wenn die Kinder mich doof finden?“ nur zwei der Fragen, die mich die gesamte Autofahrt über beschäftigen.

Endlich angekommen. Die Nervosität steigt ins Unermessliche. Ich würde vor Angst am liebsten wieder umkehren, da erfahre ich auch noch, dass der Kleine gar keine Lust auf meinen Besuch hat. – Einige werden denken: „Ist doch klar, der Kleine hat Angst, dass er Papa mit der neuen Frau teilen muss“. Dieser Einwurf ist durchaus berechtigt, doch wurde ich nicht als Papas neue Freundin angekündigt, sondern „lediglich“ als Besuch. – „Was nun? […] Umdrehen? […] Es dabei belassen?“ Schließlich will ich nicht das Gefühl vermitteln, mich zwischen Sohn und Papa drängeln zu wollen. „Nein! Da musst du jetzt durch! Wird schon werden“, sage ich mir immer wieder selbst.

Nach einem ersten Beschnuppern ist die anfängliche Skepsis des Kleinen (so gut es geht) verflogen und wir spielen miteinander. Papa lässt uns dabei die meiste Zeit allein, um uns die Möglichkeit zu geben, uns aneinander zu gewöhnen. Ich merke, dass der Kleine mich mag und bin total erleichtert, vor allem aber glücklich. Nach und nach knüpfen wir ein dünnes Band zwischen uns. Es ist zwar noch ein ganz dünnes Band, aber es ist ein Anfang.

Wieder auf dem Weg nach Hause beginnt das Gedankenkarussell von Neuem. „Kann ich mir WIRKLICH eine Zukunft mit einem Mann vorstellen, der bereits zwei Kinder hat?“ Vor allem aber beschäftigt mich die Frage „Welche Rolle werde ich in dieser Familienkonstellation spielen?“

Ich müsste lügen, würde ich behaupten, dass es alles ohne Probleme verläuft. Dies sind keine Probleme auf der Beziehungsebene zwischen meinem Partner und mir. Doch auf welcher Ebene bestehen die Probleme dann? Ganz allein auf meiner ganz persönlichen Ebene.

Ich lasse mich nicht nur auf EINEN neuen Menschen ein, sondern gleich auf DREI Menschen, die bereits eine eingeschworene Gemeinschaft bilden, mit ihren ganz eigenen Regeln und Gesetzen, die eine gemeinsame Vergangenheit haben, die ein eingeschworenes Team sind.

Darüber hinaus ist es vollkommen neu für mich, nicht mehr auf mich allein gestellt und nur für mich „verantwortlich“ zu sein. Da ist auf einmal jemand, den man in all seine Überlegungen und Planungen mit einbeziehen muss. Nein, damit meine ich nicht nur den neuen Partner, sondern auch die Kinder. Früher waren meine Partner und ich „frei“. Wir konnten spontan in den Urlaub fahren, die Nacht zum Tag machen und auch einfach 'mal das ganze Wochenende oder auch eine ganze Woche das Bett nicht verlassen. Das alles geht so nicht mehr. Zumindest nicht in dem Maße, in dem ich es bisher gewohnt war. Jetzt muss geplant werden, wann wir uns wo treffen. Wann hat mein Partner die Kinder bei sich, wann sind sie bei der Mutter? Wie können wir den Kindern eine schöne und spannende Zeit bereiten? Welche Unternehmungen könnten den Tag schöner gestalten?

Das alles ist für Eltern Normalität. Viele werden sich wahrscheinlich fragen „Wo ist das Problem?“ und sich denken „Sie soll sich mal nicht so anstellen, das habe ich JEDEN Tag“. Durchaus richtig, doch für mich ist das mit einem Schlag alles neu. Ich lerne nicht nur einen Mann näher kennen, mit dem ich mir vorstellen kann, sehr viele Jahre meines Lebens zu verbringen, sondern mit einem Schlag eine kleine Familie, auf die ich mich einlassen muss, deren Gepflogenheiten und „Regeln“ ich verinnerlichen muss, wenn ich irgendwann ein Teil von ihr sein möchte. Das scheint lapidar, doch es ist für mich nicht immer leicht. Vor allem, da ich mich immer wieder frage „Bin ich dem Ganzen überhaupt gewachsen und kann ich dem gerecht werden, was man von mir 'erwartet'?“ Ich habe nicht nur Angst, etwas falsch zu machen, sondern auch, einen Fremdkörper in diesem kleinen Familienkonstrukt darzustellen – was keinesfalls bedeuten soll, dass mir mein Partner dieses Gefühl auch nur ansatzweise vermittelt. Angst, dieser neuen Situation nicht gewachsen zu sein und einen wunderbaren Menschen und seine wunderbaren Kinder „zu verlieren“.

Ich wage einen Blick in die Zukunft und frage mich: „Was werde ich in den Augen der Kinder für sie sein? Eine (böse) Stiefmutter oder eine Wegbegleiterin, eine Freundin? […] Werde ich von den Kindern (irgendwann) als Familienmitglied akzeptiert und bin ich lediglich ein geduldetes Anhängsel?“ All dies muss die Zeit zeigen.


Doch in einem Punkt bin ich mir bereits heute sicher: Ich MÖCHTE sehr gern ein Teil dieser kleinen Familie sein, mich auf die Regeln und Gepflogenheiten dieser einlassen und mein Leben nicht nur mit dem Papa, sondern auch mit den Kindern teilen."

Ich möchte mich an dieser stelle, nochmals, für diesen einblick bedanken. Auch möchte ich mich für die unterstützung, im Privaten wie auch hier, bei dir bedanken.

Alles gute,
Thomas

1 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo,
ich lese mich seit heute quer durch den Blog und bin nun auf diesen wunderbaren Leserbrief gestoßen und muss nun doch kurz ein Danke loslassen. Natürlich nicht nur an die Autorin des Leserbriefs, sondern auch an den Autor des Blogs.
Ich befinde mich in derselben Situation wie deine Freundin, Thomas, und ihren Brief zu lesen, war für mich sehr hilfreich und hoffnunggebend. Der Rosenkrieg zwischen meinem Partner und seiner Ex hält immer noch an und die Kinder leiden extrem. Die ersten Begegnungen, nun ein paar Monate erst her - wir haben uns bei allem sehr viel Zeit gelassen, bevor die Kinder und ich uns kennenlernen sollten - sind überraschend positiv, ja fast perfekt, verlaufen. Und doch gab es neulich wieder einen Streit zwischen den Eltern, dann große Traurigkeit bei den Kindern wegen den langen Ferien, in denen sie jeweils 3 Wochen einen Elternteil nicht sehen konnten (die Kinder leben im Wechselmodell). Beim Wiedersehen sagten die Kinder ihrem Vater im Vertrauen, sie wünschten, er hätte mich nie kennengelernt, auch wenn sie mich gerne mögen und sie mir das oft genug zum Ausdruck bringen.
Denn mit meiner Präsenz ist jegliche Hoffnung auf ein Wiederzusammenkommen der Eltern vorbei. Die Kinder haben ihre Trauerphase noch lange nicht bewältigt, obwohl beide Eltern neue Partner haben. Ich habe das Gefühl, ihnen fehlt der Boden unter den Füßen, jegliches Gefühl von "heile Welt" ist verschwunden.
Habt ihr Erfahrungen mit diesen tiefen Momenten der Trauer mit den Kindern? Ich meine, die Trauer der Kinder im Zusammenhang mit der neuen Beziehung, die ja tatsächlich eine Art point-of-no-return darstellt... Tipps, wie man damit umgehen soll, als Elternteil und als fremder Erwachsener? Was waren für euch erfolgreiche Strategien im neuen Zusammenleben?